6. Woche in der Fastenzeit
Johannes, der Jünger, den Jesus liebte
Einer von den Jüngern lag an der Seite Jesu; es war der, den Jesus liebte. Mit diesem Satz wird im Johannesevangelium eine Person eingeführt, die durch die ganze Passion hindurch immer wieder auftaucht. Er lag an der Seite Jesu nimmt im griechischen Urtext wörtlich Joh. 1, 18 auf: er, der im Schoß des Vaters war. Das Wort, das dabei verwendet wird, Kolpos, bezeichnete auch einen Beutel, den man unter dem Gewand trug und in dem man all jenes aufbewahrte, das auf keinen Fall gestohlen werden sollte. Im übertragenen Sinn, war Kolpos das, was einem Menschen kostbar war. Im Kolpos des Andern sein bedeutet einerseits, seine innersten Gedanken zu kennen und vor allem zu wissen, was ihm kostbar ist, andererseits auch die Gewissheit zu haben, dass man für den anderen unendlich kostbar ist. Dieses Wissen ist es, das den Jünger, den Jesus liebt, befähigt, den Weg der Passion bis zum Ende mitzugehen. In diesem Sinn spricht das Evangelium hier nicht von Johannes, sondern von jedem Jünger der sich von Jesus geliebt weiß.
Gedanken von Sr. Elisabeth Bäbler