Das Torhaus – im Kloster Sießen
In unserem Torhaus findet sich nicht nur das Klostercafé und unser Klosterladen i-Düpfele, sondern auch Räumlichkeiten für Wechselausstellungen. Neben Werken unserer Künstlerinnen, Kunstwerken, Kunstgegenständen und Objekten von Sammlungen aus dem Kloster Sießen zeigen wir Kunst,
- die den Dialog mit existenziellen Fragen der Menschen sucht,
- die christliche Glaubensinhalte verkündet,
- die mit franziskanischen Grundhaltungen korrespondiert,
- oder gottgeweihtes Leben thematisiert.
Die Ausstellung ist noch bis zum 15. August 2021 zu sehen. Wir haben unsere Öffnungszeiten für diese Ausstellung etwas ausgedehnt: donnerstags bis sonntags von 14.00 – 16.30 Uhr
Ausstellung ERD.kunde
herman de vries, Kristof Georgen, rol.wilh.schmitt, M. Pietra Löbl OSF
Ausstellung ERD.kunde vom 18. Oktober bis 6. Dezember 2020.
Die Ausstellung wird bis zum 15. August 2021 verlängert.
Erde und Wasser sind die Grundstoffe der ERD.kunde Ausstellung. Damit steht sie im hochaktuellen Kontext einer ganzheitlichen Ökologie, der Fridays for Future-Bewegung, der Sorge für das gemeinsame Haus „Erde“ – wie es Papst Franziskus in seiner Umwelt-Enzyklika Laudato Si‘ nennt. Die eigene Scholle und der unverkennbare Geschmack des Trinkwassers haben aber auch ganz wesentlich mit dem Empfinden von Heimat zu tun. Der Titel der Ausstellung ist damit zugleich eine Einladung, sich kundig zu machen, der eigenen Heimaterde nachzuspüren und zu entdecken, was sie für das eigene Empfinden von ‚Grund unter den Füßen haben‘ bedeutet.
Wie kein zweiter Künstler wendet sich herman de vries ab den 70er Jahren der in die Entfremdung geratenen Beziehung zwischen Mensch und Natur zu. Seine Wahrnehmung für die vielfältigen und einmaligen Phänomene in der Natur mündet in einen unpathetischen künstlerischen Ausdruck, der dem Betrachter neue Zugänge ermöglicht und einen „Ausschnitt der Wirklichkeit“ sichtbar und erfahrbar macht. de vries hat in seiner 1983 begonnenen und bis heute andauernden Sammlertätigkeit mehr als 9000 Erdproben aus aller Welt zusammengetragen, die er in seinem „erdmuseum“ archiviert und für seine künstlerische Arbeit brauchbar macht. Die Erdproben für from „earth : oberschwaben“ haben andere für ihn gesammelt.
Für herman de vries war das eine zusätzlich spannende Angelegenheit, weil seine Arbeit mit den Erden dadurch einen allgemeineren, kollektiven Wert erhielt. Diesen Prozess der Erdausgrabungen hat Kristof Georgen vor Ort begleitet und in ein eigenes Kunstwerk münden lassen. Beide Werke stehen im Mittelpunkt der ERD.kunde Ausstellung im Torhaus.
Ein besonderer Dank gilt dem Initiator und Förderer Hans-Jörg Reisch und der Firma Georg Reisch GmbH & Co.KG. Ohne seine Initiative und Unterstützung gäbe es im Torhaus des Klosters Sießen keine Ausstellung eines Biennale-Teilnehmers und weltbekannten Künstlers wie herman de vries.
Die Arbeiten drei erden und drei wasser öffnen einen weiteren Horizont. Diese Erd- und Wasserproben entstammen den Sitzen der Provinzhäuser in Brasilien, Südafrika und Deutschland. Sie knüpfen an den Strukturprozess der Franziskanerinnen von Sießen an, der sich in diesem Jahr vollzogen hat. Dieser ermöglicht nun real eine internationale Leitung der Kongregation und ein zu- und miteinander der drei Provinzen auf Augenhöhe. Die Präsentation der beiden Arbeiten spiegelt dies wider und spielt gleichzeitig mit der Originalität und Eigenart des Materials.
Künstler:innen
herman de vries (*1931) ist einer der renommiertesten Künstler der Gegenwart. Der seit den 1970er Jahren in Eschenau im nördlichen Steigerwald lebende Niederländer arbeitet mit Gegebenheiten aus der Natur, die ihm begegnen und für die er einen besonderen Blick bekommen hat. Den Steigerwald bezeichnet er als sein Atelier. Im Mittelpunkt seiner Werkreihe „erdausreibungen“ steht das Material Erde. In dem Projekt „from earth : oberschwaben“ hat er unterschiedliche Erden, die in der Gegend von Ulm bis zum Bodensee gesammelt wurden, auf Papier ausgerieben. Die heimatliche Erde kommt in ihnen auf überraschend neue Weise in unsere Wahrnehmung.
Kristof Georgen (*1965) lebt und arbeitet in Stuttgart und Tübingen. Zunächst als Musiker tätig, studierte er Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Seit Ende der 1990er Jahre untersucht Kristof Georgen in seinen Soundarbeiten, Filmen, Zeichnungen und Fotografien Aspekte von Zeit und ortsspezifische kulturelle Ausprägungen mittels Bild, Klang und Sprache.
In seinem Videoessay „Die Protagonisten“ führt uns der Künstler an 29 Orte zwischen Ulm, Friedrichshafen, Wangen und Riedlingen, an denen innerhalb des Projektes „from earth : oberschwaben“ Erde entnommen wurde. Interviews mit den beteiligten Personen geben Einblicke in die kulturelle wie auch subjektive Bedeutung der Orte als mentalitäts- und kulturgeschichtliche Spur durch Oberschwaben.
rol.wilh.schmitt (*1951) lebt in Sigmaringen. Er studierte Kunsterziehung für das Lehramt an der Staatlichen Akademie für Bildende Künste Stuttgart sowie Kunstgeschichte an der Universität Stuttgart. Von 1976 bis 2014 war er als Kunsterzieher am Gymnasium sowie Lehrbeauftragter für Keramik an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen tätig. Inspiriert von den Naturforschern Jean-Henri Fabre und Alexander von Humboldt untersucht er Erdproben aus verschiedenen, mit korrekten Geodaten bezeichneten Gebieten auf Körnungen und Farbe. Die gesiebten Resultate geben in ihrer bestechenden Reinheit und Schönheit überraschende Auskünfte über Zusammensetzung und kulturelle Spuren der Erden.
M. Pietra Löbl OSF, (*1965) lebt und arbeitet als Franziskanerin und Künstlerin im Kloster Sießen. Vor ihrem Klostereintritt und Kunststudium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart war sie als Pharmazeutisch-Technische Assistentin tätig. Die Zeit gehört als wesentlicher Faktor zu ihren Installationen und Objekten aus so elementaren Materialien wie Wasser, Papier, Eisen, Granit, Gewebe und Blütenblättern. In den Arbeiten, deren kontemplative Komponente spürbar ist, geht es ihr wesentlich um das da-Sein und gegenwärtig sein. Bei den Tropfinstallationen wird Zeit erfahrbar im Warten auf den fallenden Tropfen und durch die Spuren, die sich Tropfen um Tropfen ins Papier graben und dabei Individualität und Vielfalt der unterschiedlichen Wasserzusammensetzungen offenbaren.